Eierstöcke nach den Wechseljahren – stillgelegt?
Sind Eierstöcke nach den Wechseljahren nutzlos? Sollte man sie präventiv entfernen lassen, um Zysten und Tumore zu vermeiden?
Oder geben Eierstöcke auch nach der Menopause noch ihren Beitrag zum Leben der Frau als Frau?
Diese Fragen habe ich mir gestellt, als ein Tumor am Eierstock diagnostiziert wurde und es hiess „Das Ding muss raus“. Und wieviel mehr muss raus?
Die Bilder sind in Ermatingen am Untersee aufgenommen
Ultraschall
Du sitzt, nein, du liegst vor dem Bildschirm und siehst schwarz-weisse Quallen durch dicken Nebel schweben. Die Bilder scheinen aus einem anderen Zeitalter, immer noch gleich wie vor 40 Jahren, als ich meinen ersten Ultraschall machte. Unverständlich, wie jemand etwas aus Ultraschall-Bildern lesen kann. Ausser natürlich bei Schwangerschaft, denn da wächst ein kleiner Körper heran, der klare Umrisse zeigt. Sind einmal die Wechseljahre vorbeigezogen, sind wir fast schon froh, dass die Nebelschwaben rund um die Eierstöcke unklar bleiben, zumal auch Zysten zusammen mit den Hormonen sich zurückgezogen haben und es weniger Interessantes zu sehen gibt.
Tumor
Halt! Was ist das? Es ist rund, das schwarze ist Flüssigkeit, erklärt die Gynäkologin, doch in der schwarzen Qualle zeichnet sich noch eine weisse kleinere Kugel ab. Das bedeutet festere Masse. Und da stösst auch die Ärztin an die Grenzen ihrer Übersetzungskraft, sie nennt es Borderline-Befund und versucht auch in ihrer Stimme möglichst neutral zu tönen. Als wir uns ein paar Tage später wiedersehen und sie Vertrauen in die Stärke meiner Psyche gefasst hat, nennt sie es Borderline-Tumor. Das heisst man weiss nicht recht ob das Gewebe gut oder bösartig ist, benign oder malign, ob es nur etwas Platz für sich in Anspruch nehmen will oder zu Eierstock-Krebs ausarten kann. Die Gynäkologin meinte jedenfalls: Das Ding muss raus!
Ein Bluttest soll helfen bei der Abklärung wie gefährlich das „Ding“ ist, doch gemäss Prof. Dr. Hornung von der Frauenklinik St. Gallen sind diese Tests nicht verlässlich und alles bleibt offen.
Mein Zwillingsbruder
Es zeichnet sich eine dritte Möglichkeit ab. Mit 18 Jahren hatte ich schon mal einen Eingriff im Unterleib. Damals wurde mir Gewebe entfernt, das Haare und Zähne enthalten haben soll, Teratom oder Dermoidzyste genannt. Mein kleiner Zwillingsbruder oder ein zweites Ich, das aus meinen eigenen Zellen gebildet wurde? Ich werde es wohl nie wissen. Ich habe es nie gesehen, spürte keine Schmerzen und dachte auch nicht daran, nicht davor und nicht danach. Es schien mir unreal.
40 Jahre später spricht mich die Gynäkologin auf die alte Narbe an und verbindet den neuen Tumor mit der Geschichte von damals. Auch Prof. Dr. Hornung meint, das Bauchgefühl sage ihm, dass es sich um ein neues bzw. wiedergewachsenes Teratom handelt. Ein Schauer der Erleichterung, denn es bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Krebs äusserst gering ist.
Ultraschall aus einer anderen Welt, ein negativer, aber nicht verlässlicher Bluttest, Bauchgefühl, alles ist gut, wenn es mich darin bestätigt, dass ein minimaler Eingriff alles so erhält, wie es bisher war.
Eierstöcke nach den Wechseljahren: Schulmedizin VS Lebenserfahrung
Nicht ganz. Ein Eierstock muss weg. Präventiv müsste gemäss Schulmedizin auch der zweite Eierstock raus. „In Ihrem Alter sind die Eierstöcke im Ruhestand“, sagt der eine Arzt, „produzieren Eierstöcke überhaupt keine Hormone mehr“ sagt die andere Ärztin. Alle scheinen das gleiche in den Fakultäten der Medizin zu lernen: Die Eierstöcke sind stillgelegt nach den Wechseljahren. Wie eine alte Bergmiene.
Aber ist dem wirklich so? Ich spüre meine beiden Eierstöcke, da ist Leben drin. Auch meinen Hormonen geht es bestens, alles funktioniert: keine Hitzewallungen mehr, kein Aufwachen-mitten-in-der-Nacht mehr, Haut – Knochen – Libido alles ist in bester Form. Hormon-Yoga über mehrere Monate hat dabei bestimmt geholfen. Die Frage ist, wo werden das Östrogen und Testosteron produziert. Gemäss den Ärzten, die ich getroffen habe, werden die Hormone nach den Wechseljahren nur noch im Unterhaut-Fettgewebe produziert (es lebe der kleine Bauch!), allenfalls noch in den Nebennieren, aber die Menge ist vernachlässigbar klein. Östrogen wird bestimmt nicht in den Eierstöcken produziert, die sind stillgelegt, sagt die Medizin.
Wo sind die Studien und Berichte über das Entfernen der Eierstöcke nach den Wechseljahren?
Fazit der Ärzte: beide Eierstöcke können problemlos entfernt werden, das ändert nichts, aber schon gar nichts am Leben einer Frau nach der Menopause. Ich habe Erfahrungsberichte gesucht von Frauen, die ihre Eierstöcke nach den Wechseljahren entfernt haben und wurde nicht fündig. Ich habe Studien und Artikel gesucht über die Entfernung beider Eierstöcke. Ich fand viele, die Frauen im fruchtbaren Alter betrafen, aber nichts das erklärt, wie sich das Leben einer Frau nach den Wechseljahren verändert, wie sich das Nichtvorhandensein der Eierstöcke auf ihr Leben auswirkt (oder eben nicht).
Interessiert das Thema niemanden? Es interessiert bestimmt Frauen. Diese sind leider unterrepräsentiert als Erstellerinnen von wissenschaftlichen Studien. Liebe Leserin, lieber Leser, bitte schreibe mir, wenn du Material dazu hast.
Wie geht’s weiter?
Solange halte ich mich an mein eigenes Bauchgefühl. Und das sagt mir, der zweite Eierstock soll bleiben, solange er kann, insbesondere im Fall eines Teratoms. Sollte es sich allerdings erweisen, dass ich einen Borderline-Tumor im Unterleib habe und auch die andere Seite befallen werden könnte, hat der Chirurg grünes Licht um beide Eierstöcke rauszunehmen.
Morgen ist die Operation. Ich bin gut aufgeklärt worden darüber, wie sie ablaufen wird und habe keine Angst. Es bleibt nur die Ungewissheit, ob ich mit einem oder keinem Eierstock aufwachen werde und wie mein Leben danach sein wird.