Kraft der Mitte im Yoga und im Alltag
Kraft der Mitte klingt wie etwas, das mit grosser Anstrengung, Schwitzen und Härte verbunden ist. Mula Bandha klingt noch mehr nach einem heiligen Geheimnis für Insider.
Ich möchte dich überraschen: Du kannst deine Körpermitte auf sanfte Weise ansprechen und trotzdem dem Rest des Körpers Kraft und Stabilität verleihen. Wenn du nur weisst, wohin du deine Aufmerksamkeit lenken musst.
„Deine Bandha!“
Er wiederholte es ständig in der Klasse. Ich liebte meinen ersten Ashtanga-Yogalehrer und seine Art, uns anzutreiben, aber wovon sprach er? Was genau wollte er von mir? Wie immer schaute ich mich um, und es war offensichtlich nicht der Name einer Pose, denn alle anderen veränderten ihre Position nicht. Es muss etwas Unsichtbares sein…
Als ich nach Mula Bandha googelte, wurde es noch unklarer, die Artikel sprachen von Chakren, Energiebewegungen und einem undefinierten Raum irgendwo zwischen dem Bauchnabel, der Wirbelsäule und dem Beckenboden.
Später, auf meinem Weg durch verschiedene Länder und Yogastile, hörte ich die Lehrerin sagen: „Zieh den Bauch ein!“. Zumindest war es klar, kein Zweifel, was sie/er erwartete. War es die Dummy-Version von Mula Bandha?
Erst mit der Ausbildung zur Svastha-Yogatherapie fand ich eine für mich sinnvolle und klare Anleitung zu diesem geheimnisvollen Bereich, auch Beckenboden- oder Wurzelverschluss genannt.

Die 3 Schritte zur Kraft der Mitte
Da sind immer noch ein paar Schritte zu beachten, aber es ist auch für einen Laien machbar.
Schritt 1: In der sitzenden Position richte deine Aufmerksamkeit auf deine Sitzknochen. Du kannst es (sehr wahrscheinlich) auch jetzt tun. Beim Einatmen spannst du sanft die kleinen Muskeln zwischen diesen beiden Knochen an. Geschafft? Relax.
Schritt 2: Führe deine Aufmerksamkeit (oder noch besser: deine Hände) zu Schambein und Steissbein. Beim Einatmen kippe dein Becken nach vorne, beim Ausatmen nach hinten.
Du bist dir nun der vier Knochen bewusst, die einen Kreis bilden. Beim Einatmen drücke sanft die Muskeln zwischen diesen vier Knochen zusammen. Beim Ausatmen lasse los.
Schritt 3: Beim Einatmen ziehe deinen Bauch ein, beim Ausatmen lass los.
Kombiniere nun: beim Einatmen die Muskeln zwischen den 4 Knochen sanft anspannen + den Bauch leicht einziehen, beim Ausatmen entspannen.
Atme ein + spann an + zieh Bauch leicht ein, beim Ausatmen hältst du die Muskeln angespannt. Ja, das ist es, du bist in deiner Kraft der Mitte! Und du hast Mula Bandha geschafft!
Du kannst es mit mir in einem kurzen Video üben.
Warum die Kraft der Mitte finden?
Unsere Muskeln sind ein grosses System, das auf verschiedenen Schichten aufgereiht ist, die sich alle gegenseitig beeinflussen. Wie der Name schon sagt, liegt die Kraft der Mitte zentral im Körpers und somit inmitten des Muskelsystems. Die Kontraktion wirkt direkt auf alle umliegenden Muskeln und gibt ihnen Halt, darunter auch dem Lendenbereich.
Durch den Einsatz der Muskeln der Mitte verleihen wir dem gesamten System Stabilität, schützen die Lendenwirbelsäule und beugen so Rückenschmerzen vor oder helfen, diese zu lindern.
Das ursprüngliche Ziel von Mula Bandha für Yogis ist die Fähigkeit, die sitzende Haltung für die Meditation zu halten, die Stunden dauern kann, ohne sich zu bewegen.
In der gängigen Praxis setzen wir die Kraft der Mitte ein, um den Posen, die Kraft erfordern, Stabilität zu verleihen.

Fazit
Achtsamkeit ist schon die halbe Miete. Das Training der Muskeln „da unten“ stärkt auch den Damm und kann die Blasenkontrolle verbessern.
Der Einsatz der Kraft der Mitte hilft allen anderen Muskelgruppen, ihre Arbeit mit weniger Anstrengung zu verrichten, und sorgt so für Stabilität im gesamten System.
Du kannst die Kraft der Mitte oder Mula Bandha jederzeit trainieren und du weisst nie, wann du es das nächste Mal brauchst: vielleicht wenn du von deinem Stuhl aufstehst?